24. Dezember 2020
Er stand auf. »Goeland?« »Nour?« »Ich habe Sie zu Anfang gehasst, weil Sie für mich die typische Imp waren. Und ich habe mich getäuscht. Sie sind nicht nur eine herausragende Pilotin, sie haben auch mehr Schneid als Ihr gesamter Generalstab! Wenn alle Imps so aufrecht wären wie Sie, wären sämtliche Koloniewelten mit Freuden zum Imperium gekommen. Ich bin stolz, Sie zu kennen, Goeland, und Sie sind wahrhaftig die erste und letzte Imp, der ich das sagen werde. Das schwöre ich!« Er...
23. Dezember 2020
Dann hielt sie Barays DX-9 in der Hand. Es fühlte sich an wie immer, ein vertrauter Kontakt. Jetzt waren ihre dünnen Uniformhandschuhe doch noch ein Vorteil: Mit ihren beheizten und gepolsterten Bikerhandschuhen hätte sie die Waffe niemals führen können. Zum vernünftigen Anlegen und Zielen war kein Platz, der Fahrtwind hätte ihr die Pistole aus der Hand gerissen und den Unterarm vermutlich umgeknickt wie einen dünnen Ast. Es blieb nur der Deutschuss aus der Hüfte und sie musste die...
22. Dezember 2020
Seine verhinderte Gesprächspartnerin hing mehr im Griff ihrer beiden Bewacher, als dass sie stand. Das gedämpfte Licht zeigte nur Andeutungen ihrer blauen Flecken im Gesicht. Ihr einst ansehnlicher weißer Bovart-Hosenanzug war verschmutzt und an mehreren Stellen eingerissen. Dunkle Flecken getrockneten Blutes betonten die Ränder der Löcher wie in einer bizarren Stoffbatik. Noch intensiver dunkelrot war der opulente Knebel vor ihrem Mund und ließ keinen Zweifel an der Aussage über ihre...
21. Dezember 2020
Artouste Goeland verschränkte die Hände hinter dem Rücken und starrte mit zusammengezogenen Brauen durch das große Sichtfenster seines Büros. Hier, hoch oben im Orbit von Coleria Prime, waren die größten Raumschiffwerften des Planeten positioniert und eine davon, genannt Werft CN-0197, war sein Reich. Der künstliche Mond war mit seinem Durchmesser von fast 25 Kilometern und einer ständigen Belegschaft von gut 85000 Mann, plus knapp der gleichen Anzahl an Robotern und KIs der...
20. Dezember 2020
Urplötzlich schnellte das Reptil vor. Rafale drehte die Hand überrascht beiseite, aber der Biss hätte sein Ziel ohnehin nicht ganz erreicht. Das Tier schien verwirrt. Wäre ihre Hand nur Beuteschema allein, hätte es niemals riskiert, diese Beute mit einem so halbherzigen Manöver zu verscheuchen. Sie war offensichtlich hungrig, aber nicht so hungrig, sich eine Blöße zu geben. Sie kam jetzt aber nah genug, um den Biss vielleicht zu wiederholen und es wurde Zeit, den entscheidenden Schritt...
19. Dezember 2020
Das Nhef-Harz hatte jedoch auch Anhänger. Wenn es floss, dann zog es die Nhef-Spinner in weitem Umkreis an, es machte die kleinen Nachtfalter regelrecht verrückt. Für sie war es das Startsignal zur Paarungszeit, und sie folgten alle bereitwillig dem unhörbaren Ruf. Kurz drifteten Rafales Gedanken zu Emmy, dem Geruch ihrer Haut, dann nickte sie nur kurz und richtete ihren Blick auf den Rinnstein neben dem Unterstand. Die Wälder würden jetzt rauschen vor paarungswilligen Insekten. Doch...
18. Dezember 2020
Mit einer Hand hielt sie sich an einem Auf die Felsen klettern verboten-Schild fest, um sich dann leidlich elegant auf die nächsttiefere Ebene zu schwingen, dem großen Meer am nächsten. Hier unten spritzten schon kleine Gischttropfen zu ihr empor, wie um eine alte, zurückgekehrte Freundin zu begrüßen. »´n Abend Sly«, rief sie gegen das Rauschen an, als sie den alten Angler direkt am Wasser entdeckt hatte. Er war wirklich noch da! »Hoi, kleine Rafja!«, gab dieser zurück, ohne den...
17. Dezember 2020
Die Rechte machte eine knappe Wischbewegung, als wollte sie eine Fliege auf dem Sensor verscheuchen. Dann reagierte der Bordrechner. Die Luke zuckte, das erleichterte Geräusch pneumatischer Zylinder, die endlich loslassen durften, erklang. Während Rafale zurücktrat, schob sich die Luke vor und kippte dann herunter, um eine Rampe zu bilden, die den Eingang wie ein geöffnetes Maul erscheinen ließ. Dementsprechend fühlte sich Rafale auch. »Nichts zu sehen. Ich gehe hinein.« »Verstanden....
16. Dezember 2020
»Und natürlich bin ich Ihnen unendlich dankbar. Sie haben mir vermutlich das Leben gerettet, ansonsten würde ich vermutlich als Restmüll in irgendeinem Container auf die nächste Leerung warten«, versuchte sie es wieder. Ihr Lebensretter brummte irgendwas. Es mochte aber auch nur ein gedrücktes Räuspern gewesen sein. »Zum Rodder verdammt, Nour, jetzt machen Sie doch bitte endlich den Mund auf! Warum sind Sie mir nachgegangen und was haben Sie jetzt in der Sterne Namen vor? Mir ist...
15. Dezember 2020
Wie ein warmes Messer durch Butter schnitten die wuchtigen Klänge durch die kühle Raumluft. Kraftstrotzend, schwer und doch spielerisch tänzelnd wogten die Akkorde auf und ab, als der Strengfried seine Arie »Des Blutes treuen Eid ich spür'« aus den Lautsprechern schmetterte. Es war der Höhepunkt des ersten Aktes der Oper »Victoire« von Richard Carossier. Die opto-elektronische Regelanlage der Raumakustik fühlte sich durch das allgemeine Schweigen in der Umgebung animiert, Strengfrieds...

Mehr anzeigen