Artouste Goeland
Es gibt viele Definitionen, was ein sogenanntes vernunftbegabtes Wesen von den mehr instinktgesteuerten Tieren unterscheidet: Der Gebrauch von Werkzeug, die Fähigkeit zur Abstraktion, das Denken in großen Zeiträumen, Visionen, Destruktivität und vielerlei mehr. Je nach Objektivität des Betrachters.
Vielfach unbeachtet, aber fest im Bewusstsein der meisten dieser Wesen verankert, ist jedoch die Sehnsucht nach einem Ruhepol. Nach einem Faktor, der sich inmitten einer rasant rotierenden Galaxis nicht ändert. Nach einer Figur, die mächtiger ist, als die Berge, die man ständig versetzen will. Nach einer Kraft, die die eigene, verirrte Kompassnadel immer wieder zu richten vermag. Die hinter einem steht und alles wieder gut macht, wenn man sich nur einmal umdreht. Wer jetzt an Elternfiguren denkt, liegt genau richtig, denn für Rafale ist Artouste Goeland dieser ruhende Pol.
Der Astrogator und Marineveteran hat seine kleine Rafja, wie er sie noch heute nennt, entscheidend geprägt. Mag sein fortgeschrittenes Alter ihn dem Renteneinritt unbarmherzig näherbringen, so hat er doch nichts von der für ihn typischen Tatkraft und Unerschütterlichkeit verloren. Bestenfalls ist seine einstige rebellische Art über die Jahre in imperialen Diensten einem mürrischen Eigensinn gewichen, was jedoch nur Narren mit Trägheit verwechseln - und es meist bereuen.
Artouste Goeland verehrt seine Tochter nicht nur wegen des Erfolges, mit dem sie ihm in seinen Fußstapfen folgt, sondern vor allem wegen ihrer unbeugsamen, typisch goelandschen Natur. Eine Zuneigung, die absolut auf Gegenseitigkeit beruht, selbst wenn Daddy seine kleine Rafja noch immer zu erziehen versucht. Ein Augenrollen nimmt er dabei stoisch in Kauf, weiß er doch, dass derartige wohlmeinende Versuche schon bei ihm selbst überwiegend fehlgeschlagen sind.
Der raubeinige Hüne mit dem weichen Kern ist ein Patriarch, wie ihn sich die Macher von Holo-Serien nur erträumen können. Sein Reich ist die Megawerft CN-0197, hoch oben im Orbit von Coleria Prime, dem Hauptplaneten des colerianischen Imperiums. Für den seit langem geschiedenen Artouste ist die Werft die Ersatzfrau und deren 85.000 Arbeiter seine zweite Familie. Als Patriarch, wie er im Buche steht, gelingt es ihm, unangefochten die Geschicke des künstlichen Werftmondes zu lenken und dabei zugleich so streng, aber gerecht zu agieren, dass niemand auch nur auf die Idee käme, etwas anzufechten. Ein geborener Anführer für die einen und zugleich ein Ruhepol für andere zu sein, scheint sich keinesfalls auszuschließen. Im Gegenteil.
