Colerianischer Adventskalender

15.12.2020

Wie ein warmes Messer durch Butter schnitten die wuchtigen Klänge durch die kühle Raumluft. Kraftstrotzend, schwer und doch spielerisch tänzelnd wogten die Akkorde auf und ab, als der Strengfried seine Arie »Des Blutes treuen Eid ich spür'« aus den Lautsprechern schmetterte. Es war der Höhepunkt des ersten Aktes der Oper »Victoire« von Richard Carossier. Die opto-elektronische Regelanlage der Raumakustik fühlte sich durch das allgemeine Schweigen in der Umgebung animiert, Strengfrieds Inbrunst noch ein wenig lauter zu demonstrieren. In der Tat schwiegen alle Anwesenden, wenn auch aus ganz unterschiedlichen Beweggründen. Der Ort an sich lud schon zu demütiger Stille ein und nur diejenigen, die öfter hier waren, wurden nicht von dem Reflex, sich ein wenig kleiner aufzustellen, als sie eigentlich waren, ergriffen. Das Dämmerlicht des fensterlosen Baus reichte nicht aus, um die hohe Decke aus ihrem dräuenden Dunkel zu reißen und von der kargen Einrichtung blieben nur die auffälligen, wuchtigen Konturen übrig. Ein Luxelement fokussierte eine Büste Carossiers, die auf einem halb mannshohen Sockel thronte, als würde sie über den Dingen schweben, so wie auch seine Musik. Carossiers Kunst war imperial. Sie drückte all das aus, was das colerianische Imperium an Selbstverständnis zu zeigen gewillt war: Kraft, Wucht, Dominanz und vereinigte Inbrunst. Einer der Gründe, warum seine Märsche bei keiner Parade der Teilstreitkräfte fehlen durften. Planetares Heer, Raummarine und Geheimdienst zogen unter den mächtigen Klängen von Iono-Fanfaren, Induktionspauken und Pamplaunen daher, als wäre es Unterstützungsfeuer der eigenen Artillerie.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0